Bei der heutigen Führung machten sich 24 naturbegeisterte Teilnehmer:innen gemeinsam mit den zwei Biolog:innen des Heidevereins, Irene Drozdowski und Alex Mrkvicka, auf den Weg durch den vielfältigen Perchtoldsdorfer Wald bis zur Kammersteinhütte. Dabei wurde viel Wissenswertes über den Lebensraum und über nachhaltige Waldbewirtschaftung vermittelt. Der Perchtoldsdorfer Wald ist nicht nur einer der vielfältigsten Wälder in der Region sondern auch ein besonders wichtiges Erholungsgebiet.
Die Führung begann mit einer kleinen Zeitreise: Vor etwa 200 Jahren befand sich auf 100 Hektar des heute 400 Hektar großen Waldes offene Landschaft, die durch große Weideflächen geprägt war. Da diese später nicht mehr beweidet wurden, breitete sich der Wald weiter aus. Hier hatte vor allem die Schwarzföhre (Pinus nigra) als Pionierart einen Vorteil, weil sie offene Flächen rasch besiedeln kann. Heute gehen die großen Schwarzföhrenbestände allerdings wieder zurück, was aktuell durch den Klimawandel und das damit einhergehende Kieferntriebsterben verstärkt wird. Es wachsen vor allem Laubbäume wie zum Beispiel Flaum- und Traubeneiche, Mehlbeere, Linden, Elsbeere und Gebüsche wie Dirndl, Hasel und Berberitze nach.
Viel erfuhren die Teilnehmer:innen auch über Totholz. Einerseits bietet es vielen verschiedenen Insekten einen Lebensraum, die wiederum Vögeln als Nahrung dienen können. Anhand von Bildern und Präparaten wurden heute zum Beispiel der Mittelspecht (Dendrocoptes medius), Hirschkäfer (Lucanus cervus) und Alpenbock (Rosalia alpina), die EU-weit geschützt sind, gezeigt. Andererseits kann Totholz große Mengen an Wasser speichern. Viel Totholz im Wald steigert daher nicht die Waldbrandgefahr sondern dient zur Wasserversorgung der Bäume.
Besonders spannend war auch die Sichtung eines Rehkitzes am Wegesrand, das sich auf Grund der vielen Menschen komplett regungslos verhielt, während das Muttertier in einem solchen Fall ein Versteck aufsucht. Bei einem solchen Fund ist es ganz besonders wichtig, dass die Jungtiere nicht gestört oder sogar angefasst werden, da es dann von der Mutter nicht mehr angenommen wird. Besonders leise schlich sich die Exkursionsgruppe daher vorbei.
Angekommen bei der Kammersteinhütte wurden alle mit der untergehenden Sonne und einem wunderschönen Ausblick über den Wienerwald und die Stadt Wien belohnt. Es fiel auf, dass die Schwarzföhren hier in ihrem natürlichen Lebensraum auf anstehendem Fels durch ihre schirmförmigen Kronen ein ganz anderes Erscheinungsbild haben als auf dem restlichen Weg durch den Wald. Die Bäume sind auf der Kuppe wenig Konkurrenz ausgesetzt, bekommen viel Licht ab, können ein riesiges Wurzelsystem bilden und zudem bis zu 50% mehr Niederschlag über ihre Nadeln durch Nebel aufnehmen.
Der Perchtoldsdorfer Wald ist auf seinen 400 Hektaren sehr vielfältig. Verschiedene Ausgangsgesteine beeinflussen die Bodenbildung und somit auch die darauf wachsende Vegetation. Im Auftrag der Marktgemeinde Perchtoldsdorf wurde die BOKU Wien vor einigen Jahren beauftragt, den gesamten Perchtoldsdorfer Wald zu kartieren und somit den vorherrschenden Boden und den natürlichen Bewuchs zu ermitteln. Das wiederum ist die Grundlage, dass eine nachhaltige Nutzung und Bewirtschaftung auch im Sinne einer Anpassung an den Klimawandel gelingen kann.
Olivia Gollong, Praktikantin des Landschaftspflegevereins Thermenlinie-Wienerwald-Wiener Becken