Geo-Tag der Artenvielfalt 2007

Mehr als 1000 Arten und große Begeisterung in Perchtoldsdorf!
Gemeinsam mit der Marktgemeinde Perchtoldsdorf und dem Biosphärenpark Wienerwald hatten die Freunde der Perchtoldsdorfer Heide eingeladen, im Rahmen des GEO-Tages der Artenvielfalt die Naturschätze in Perchtoldsdorf, in unmittelbarer Nähe der Großstadt Wien zu erforschen und zu dokumentieren.

Artensuche

33 namhafte Experten – Botaniker, Zoologen und Gewässerexperten – folgten der Einladung und nahmen am 1. und 2. Juni mit großem Einsatz an der Artensuche teil und entdeckten mehr als 1000 Tier- und Pflanzen-Arten, darunter zahlreiche Raritäten. Die untersuchten Lebensräume reichten dabei von natürlichen Kalkfelsen über die Mauern der ältesten Burgruine Österreichs, Wäldern, Wiesen, Trockenrasen und Waldtümpeln bis hin zum Bach.

Experte Gernot Kunz machte sich mit seiner Kollegin Jördis Kahapka bereits am 1. Juni auf die Suche nach Zikaden und konnte auf der Heide in wenigen Tages- und Nacht-Stunden 78(!) Zikadenarten nachweisen.

Auch der Herpetologe Michael Duda war bereits am 1. Juni auf der Suche nach Amphibien und Reptilien und fand den sehr seltenen Alpenkammmolch, Gelbbauchunken, Schlingnatter, Blindschleiche und Smaragdeidechse.

Natur vor der eigenen Haustüre

Doch nicht nur auf die wissenschaftlichen Aspekte wurde von Seiten der Veranstalter großer Wert gelegt. Besonders wichtig ist es uns, die Menschen für die Natur vor der eigenen Haustüre zu begeistern! Denn nur so wird es möglich sein, die faszinierende Artenvielfalt auch für die Zukunft zu erhalten! betonten die Initiatoren Alexander Mrkvicka und Irene Drozdowski von den Freunden der Perchtoldsdorfer Heide.

Und auch so gesehen war die Veranstaltung ein voller Erfolg. Das Interesse der Bevölkerung am Programmangebot war sehr groß. Zur abendlichen Heideexkursion am 1.6. kamen ca. 80 Interessierte und konnten unter der Leitung von Irene Drozdowski, Michael Duda, Alexander Mrkvicka und Josef Wurth die Vielfalt dieses einzigartigen Trockenrasengebietes erleben und unter anderem Besonderheiten wie Sägeschrecke, Gottesanbeterin und Ziesel sowie die einzigartige Blütenvielfalt im Trockenrasen bestaunen.

In der Nacht wurden mit 6 Leuchttürmen und 3 Lichtfallen von den Insektenexperten Horst Bobits, Friedrich Weisert, Christian Schulze, Florian Bodner, Gernot Kunz, Jördis Kahapka, Petr Zabransky und Xandi Dostal verschiedenste Insekten angelockt und bestimmt, darunter Raritäten wie der kleine Nachtkerzenschwärmer. Im Rahmen einer Führung konnten über 50 Besucherinnen und Besucher die Arbeit der Insektenforscher und ihre Studienobjekte bis spät in die Nacht hinein kennen lernen.

Vielfalt der Lebensräume

Am 2.6. waren dann Teams aus Botanikern und Zoologen auf 4 Routen im Gemeindegebiet von Perchtoldsdorf 5 Stunden lang unterwegs, um die Vielfalt zu dokumentieren.

Die untersuchten Lebensräume reichten dabei von natürlichen Kalkfelsen über die Mauern der ältesten Burgruine Österreichs, Wäldern, Wiesen, Weingärten, Trockenrasen und Waldtümpeln bis hin zum Bach, wo es für die Limnologen Roland Hainz und Elisabeth Schludermann in der Dürren Liesing mit einem großen Bestand der im Wienerwald seltenen Koppe, einer Fischart klarer, kalter Bäche, gleich die erste Überraschung gab. Daneben fanden sie einige Libellenarten und eine Reihe anderer Wasserlebewesen wie Eintags- und Köcherfliegenlarvenarten.

Die Herpetologen Michael Duda, Helmut Grabherr und Johannes Hill konnten 10 Amphibien- und 7 Reptilienarten nachweisen. In naturnahen Gärten im Ortsgebiet wurde ein größerer Bestand von Wechselkröten und in einem Waldtümpel der Griechische Teichmolch, der hier wohl einst ausgesetzt wurde, nachgewiesen.

52 Vogelarten, darunter Heidelerche, Schwarzkehlchen, Pirol und Schwarzspecht, wurden von den Ornithologen Georg Bieringer, Wolfgang Kantner, Regina Riegler und Norbert Sauberer gefunden.

Die Insektenexperten Georg Bieringer, Konrad Fiedler, Harald Gross, Roland Hainz, Helmut Höttinger, Bernhard Kromp, Karl Schiechl, Christian Schulze, Martin Wiemers und Petr Zabransky erhöhten die Zahl der gefundenen Insekten und Spinnentiere auf 382 Arten.

Robert Nordsieck, Experte für Schnecken, fand 23 Schneckenarten, darunter die seltene und für Trockenrasen typische Zebraschnecke.

Säugetierexperte Helmut Götz konnte neben Ziesel, Reh, Fuchs, Feldhase auch die Rötelmaus und die Waldmaus nachweisen. Irmgard Greilhuber bestimmte diverse von den Experten bei der Suche gefundene Pilze.

Auch die Botaniker Wolfgang Adler, Manuel Böck, Georg Grabherr, Gertraud Grabherr, Vera Lehmwald, Christa Renetzeder, Norbert Sauberer und Wolfgang Willner legten sich mächtig ins Zeug: Sie fanden innerhalb von 5 Stunden 509 Pflanzenarten in diesem botanisch seit Jahrhunderten gut erforschten Gebiet. Eine echte Überraschung war das Scheibenschötchen, das in Perchtoldsdorf über 50km östlich der bisher bekannten Vorkommen in den Voralpen gefunden wurde.
Weiters wurde erstmals in Österreich ein großer Bestand des Vorfrühlingsalpenveilchens – eine Zyklame, die wohl als Zierpflanze verwilderte, in einem aufgelassenen Steinbruch entdeckt. In einem Waldtümpel fand sich der Wasserschlauch, eine fleischfressende Pflanze, die im Wienerwald nur an wenigen Stellen vorkommt.

Weil gute Biologen und Biologinnen meist auch über ihr Fachgebiet hinaus diverse Arten kennen :-), wurde so manche Entdeckung in einer Artengruppe auch von der Konkurrenz gemacht.

Engagement

Parallel zur Artensuche liefen die intensiven Vorbereitungen der Freunde der Perchtoldsdorfer Heide für das Fest der Artenvielfalt und auch LR Josef Plank, in dessen Wirkungsbereich der Biosphärenpark Wienerwald fällt, war gekommen, um die vorbildliche Naturschutzarbeit des Vereins und die gute Zusammenarbeit zwischen Bevölkerung und Gemeinde als besondere Initiative im Biosphärenpark Wienerwald persönlich zu loben und auch die ausgestellten Tiere zu bewundern.

Nach der anstrengenden Artensuche wurden die Experten im Hauptquartier in der Walzengasse 40 von Franz und Monika Wurth mit köstlichen Heurigenschmankerln versorgt, die die Marktgemeinde Perchtoldsdorf zum Dank für den tollen Einsatz spendierte.

Während die Experten dann an die anstrengende Bestimmungsarbeit der gesammelten Arten ging, hatte die Bevölkerung beim Fest der Artenvielfalt in der Walzengasse die Gelegenheit eine Auswahl der von den Experten gefundenen Pflanzen und Tiere zu bestaunen, Fragen an die Experten zu stellen und unbekannte Pflanzen oder Tiere aus dem eigenen Garten zum Bestimmen mitzubringen.Mehr als 800 Besucherinnen und Besucher, darunter zahlreiche Familien nutzen die Gelegenheit.

Bei der Eröffnung lobten Bürgermeister Martin Schuster, gf. GR. Franz Nigl und Biosphärenpark Manager Günther Loiskandl das vorbildliche Engagement der Freunde der Perchtoldsdorfer Heide.

Die Infostände von Heideverein, Biosphärenpark Wienerwald, Bird Life, Naturschutzbund Niederösterreich, Umweltberatung Wien und Alpenverein stießen auf ebenso großes Interesse wie der Verkauf von Wildpflanzen (Fa. Naturgarten), alten Obst- und Gemüsesorten vom Biobauern und biologischen Schädlingsbekämpfungsmitteln (Fa. Biohelp).

SchülerInnen der Volksschule Roseggergasse hatten nach mehreren Heidebesuchen mit Digitalkamera und Zeichenblock im Religionsunterricht mit ihrer Lehrerin Elisabeth Mrkvicka-Bachmayer liebevoll und detailreich die Ausstellung Vielfalt der Schöpfung gestaltet und präsentierten diese.

Auch die jüngsten Besucherinnen und Besucher waren begeistert von den ausgestellten Tieren und Pflanzen, vom Nisthilfen und Schmetterlinge basteln, angeboten vom Heideverein und vom abwechslungsreichen Kinderprogramm mit Straßenmalen, Spielen für alle Sinne, und vielem mehr, das die MitarbeiterInnen der Österreichischen Bundesforste als Partner des Biosphärenpark Wienerwald Managements boten.

Andreas Hantschk und Markus Pausch zeigten im einzigartigen, mobilen Mikrotheater des Naturhistorischen Museums Wien die Insektenwelt von Wiese, Wald und Wasser lebendig und hautnah auf Leinwand.

Besonders aufregend für jung und alt war auch der hautnahe Kontakt mit einer großen Äskulapnatter, die sich gutmütig berühren und streicheln ließ.

Von 14 bis 16 Uhr konnte jeder eine Schätzung abgeben, wie viele Arten bis 16:55 in der Artenliste am Computer stehen würden. Für die besten Schätzungen standen tolle Preise in Aussicht. Für die Wissenschaftler und die beiden Helfer Patrick Loschmidt und Isabell Riedl, die die Eingabe und Aufstellung der Artenliste übernommen hatten, begann ein Wettlauf mit der Zeit, denn natürlich war der Ehrgeiz groß, eine möglichst hohe Artenzahl nennen zu können.

Franz und Monika Wurth und der Weltladen verwöhnten die Besucher inzwischen mit den verschiedensten Köstlichkeiten.

Abschluss

Nach einem kurzen Kontrollblick auf die Artenliste war es dann um 17 Uhr als Abschluss des Festes der Artenvielfalt soweitDem gespannten Publikum wurde die vorläufige Zahl von 985 Arten präsentiert. Unter den anwesenden Teilnehmern wurden die besten Schätzungen ermittelt. Am genauesten hatte Frau Nora Asfour aus Perchtoldsdorf geschätzt, die mit großer Freude den Hauptpreis – ein Pocket-Fernglas von Swarovski im Wert von 640 Euro, gesponsert von den Österreichischen Bundesforsten und den Freunden der Perchtoldsdorfer Heide – entgegennehmen durfte.

Als 2. Preis wurde von der Firma Naturgarten eine Gartenberatung zur Verfügung gestellt. Der Niederösterreichische Naturschutzbund sponserte 5 Mehlschwalbennistkästen, Birdlife ein Vogelbuch mit Vogelstimmen CD, die Firma biohelp einen Nützlingsgutschein, von den Freunden der Perchtoldsdorfer Heide wurden weiters 2 Fledermauskästen und 10 Speierlinge vergeben.

Glücklich und sehr zufrieden waren am Abend dann auch die beiden Initiatoren, Irene Drozdowski und Alexander Mrkvicka vom Verein Freunden der Perchtoldsdorfer Heide: Wir danken allen, die zum Gelingen dieser Aktion beigetragen und mitgeholfen haben, das Bewusstsein für die Vielfalt und den Wert der Natur in Perchtoldsdorf zu stärken!

Auf Grund von Nachbestimmungen ist die Zahl der am Tag der Artenvielfalt gefundenen Arten nun schon auf 1272 Arten angestiegen.

Die Aktion wurde aus Mitteln des Lebensministeriums und des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft gefördert.