Das Ziesel (Spermophilus citellus) ist eines der bekanntesten Tiere auf der Perchtoldsdorfer Heide. Da es relativ leicht zu beobachten ist und in früheren Jahren geradezu massenhaft auftrat, ist sein Vorkommen auf der Heide für viele Besucher eine Selbstverständlichkeit.
Nur wenige wissen, dass das Ziesel in Österreich vom Aussterben bedroht ist. Nach europäischem Naturschutzrecht gehört das Ziesel zu den streng zu schützenden Tierarten von gemeinschaftlichem Interesse, für dessen Erhalt besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen. Die Bestände in ganz Österreich sind in den letzten Jahrzehnten dramatisch zurückgegangen. Der Grund liegt vor allem am immer weiter voranschreitenden Lebensraumverlust.
Auch die Zieselpopulation der Perchtoldsdorfer Heide ist in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. Hier liegen die Gründe nicht im Verschwinden des Lebensraums sondern vor allem bei Faktoren, die mit der intensiven Erholungsnutzung zusammenhängen.
Um die Zahl der Ziesel zu erheben und negative Einflussfaktoren wissenschaftlich festzuhalten, wurde im heurigen Jahr auf Anregung der Freunde der Perchtoldsdorfer Heide ein Projekt der Universität Wien unter der Leitung von Mag. Dr. Ilse Hoffmann und Univ. Prof. Dr. Eva Millesi (Fakultät für Lebenswissenschaften, Department für Neurobiologie und Verhaltenswissenschaften) zum Ziesel auf der Perchtoldsdorfer Heide durchgeführt. Mag. Dr. Ilse Hoffmann ist eine Expertin für die kleinen Nager. Sie hat sich schon in zahlreichen wissenschaftlichen Arbeiten mit dem Europäischen Ziesel beschäftigt.
Die Studentinnen Birgit Rotter, Xenia Simeone, Silvia Birbaumer, Julia Matt und Michaela Krist verbrachten insgesamt mehr als 140 Stunden auf der Heide, um Verhaltensbeobachtungen durchzuführen, die Ziesel zu zählen, bewohnte Bauten mittels differentialem GPS zu kartieren und negative Einflussfaktoren zu identifizieren.
Zählungen ergaben im Frühjahr ein Maximum von 40 adulten Tieren. Gemeinsam mit den Jungtieren konnte schließlich die maximale Zahl von 42 Zieseln Mitte August gezählt werden! Die Population ist also schon sehr klein und alle unnatürlichen negativen Faktoren könnten ein Aussterben der Population fördern! Wird die Population noch etwas kleiner, können auch genetische Faktoren eine negative Auswirkung auf die Überlebensfähigkeit haben.
Große Menschengruppen und freilaufende Hunde bewirken ein verstärktes Warnverhalten. Mehr Zeit wird für das Überwachen der Umgebung verwendet und fehlt für Nahrungsaufnahme, Fortpflanzung, usw. Bei zu starker Annäherung dieser Störfaktoren und beim Überflug von Modellflugzeugen (Greifvogel- Flugbild!) verschwinden die Ziesel im Bau und kommen oft für längere Zeit nicht mehr heraus.
Auch die Fütterung mit falschem Futter wurde beobachtet. Schokolade, Chips aber auch Nüsse sind nicht das geeignete Futter für Ziesel, die sich von nährstoffarmen Gräsern und Samen ernähren.
Ein schwerwiegender negativer Störfaktor, sind die 20 bis 30 Nebelkrähen, die täglich – auch im Sommer – von einer Heidebesucherin angefüttert werden. Diese intelligenten Vögel stellen den Zieseln gemeinsam nach, vertreiben sie in ihre Bauten und können Ziesel auch erbeuten. Von den Studentinnen wurde innerhalb von nur zwei Tagen die Erbeutung von zwei Jungzieseln und einem erwachsenen Ziesel durch die Krähen beobachtet. Die Krähen bewirken also nicht nur Stress, sondern wirken direkt dezimierend! Für eine so kleine Population eine große Gefahr. Würden die Krähen nicht gefüttert werden, wären sie nur zeitweise und in geringer Zahl auf der Heide zu beobachten.
Nach vergeblichen Aufklärungsversuchen von Seiten der Freunde der Perchtoldsdorfer Heide sowie der Gemeinde befasst sich nun die BH Mödling mit dem Fall, da die Fütterung gegen das Naturschutzgesetz verstößt (Gefährdung einer prioritär zu schützenden Art). In einem Gutachten des Naturschutzsachverständigen von Mödling wurde die Krähengefahr für die Ziesel nochmals bestätigt! Es ist zu hoffen, dass das Problem auf diesem Weg gelöst werden kann.
Auch für die anderen negativen Faktoren gibt es Lösungsmöglichkeiten.
Der abgezäunte Bereich nördlich des Wasserbehälters stellt für die Ziesel ein Rückzugsgebiet dar,
in dem sie Ruhe vor großen Menschengruppen und freilaufende Hunde haben. Aufklärung unter den
Modellfliegern soll helfen, auch den Luftraum über dem Schutzbereich zu beruhigen.
Die ab Anfang November 2005 geltende Leinenpflicht für Hunde für das gesamte Heidegebiet wird nach einer Übergangsfrist auch exekutiert werden und wird so einen wesentlichen Stressfaktor vermindern helfen.